Eine Orthese ist ein Hilfsmittel, das eine fehlende oder defizitäre Funktion ausgleicht, eine Gelenk- oder Muskelstruktur unterstützt oder ein Körpersegment während einer Rehabilitations- oder Ruhephase stabilisiert. Diese von außen getragene Vorrichtung zur Korrektur oder Entlastung unterscheidet sich von einer Prothese, die ein fehlendes Element ersetzt.
Dieses medizinische Hilfsmittel kann, analog zu Bandagen, im wesentlichen zwei verschiedene Funktionen erfüllen:
- eine entlastende/stützende Funktion
- eine korrigierende Funktion (Verhinderung einer Fehlstellung)
Beispiele sind: eine Knieschiene, eine Frakturschiene gegen Leistenbrüche, ein Gurt für den Tennisarm, eine Einlage gegen Plantarfasziitis an der Fußsohle, eine Knöchel-Fuß-Orthese, eine Liegeorthese, eine Sitzorthese, usw.
Früher wurden Orthesen (griechisch: ortho, wörtlich "begradigen, ausrichten") aus Lederschläuchen und Metallrahmen hergestellt. Der Nachteil dieser Materialien ist ihr hohes Gewicht.
Moderne Orthesen bestehen aus leichten Materialien, speziellen gestrickten Textilien, Kohlefaserverbundstoffen, Titan und Aluminium sowie thermoplastisch verformbaren Kunststoffen. Das hat zur Folge, dass die Orthese heute zwar wenig wiegt, es aber oft schwieriger ist, kleine Änderungen an einer Orthese aus diesen Materialien vorzunehmen, die manchmal notwendig sind, um Abrieb oder Druckstellen auf der Haut zu vermeiden. Die alten (Bein-)Stützen mit Lederschläuchen und Metallrahmen sind trotz ihres Gewichts noch weit verbreitet.
Orthesen werden vom medizinischen Orthopädietechniker hergestellt oder angepasst. Mehrere Hersteller im In- und Ausland bieten auch fertige Produkte oder Halbfabrikate an.
Einteilung
Je nach ihrer Funktion können sie in 4 Typen eingeteilt werden:
- Stabilisierend: Sie halten eine Position und verhindern unerwünschte Bewegungen, was sie zur Korrektur von Klumpfuß, Brüchen und Schmerzen sowie zur Verringerung des Gelenkbereichs eines entzündeten oder schmerzhaften Segments nützlich macht.
- Funktionell: Sie werden auch als dynamisch bezeichnet, sind flexibler und erlauben eine begrenzte Bewegung.
- Korrigierend: Sie dienen der Korrektur von Skelettdeformitäten. Sie werden im Allgemeinen bei Kindern eingesetzt, um sich entwickelnde Gliedmaßen zu korrigieren.
- Schützend: Schützt ein betroffenes Körperteil / Organ (z. B. bei Mittelhandfrakturen nach einer Gipsentfernung, wenn noch eine Stütze erforderlich ist).
Wirkung
Orthesen können unterschiedliche Wirkungskräfte haben:
- Ruhigstellung: Einschränkung der Mobilisierung, wenn diese schmerzhaft oder die Ruhigstellung notwendig ist (Beispiel: Karpaltunnelsyndrom kann das Tragen von Orthesen während der Nacht erforderlich machen)
- Statische Mobilisierung: die Gliedmaße in eine Position bringen, die sie nicht "freiwillig" beibehalten kann, und sie dort halten, um Fehlstellungen zu verhindern oder zu korrigieren. Zu diesem Zweck werden in der Orthopädie propriozeptive Einlagen verwendet, die eine Wiederherstellung des statischen und spinalen Gleichgewichts ermöglichen; sie sind auch in der Podologie und Posturologie (von engl. posture = Haltung und gr. logos = Lehre) anzutreffen
- Dynamische Mobilisierung: bringt die Gliedmaße in eine Position, die sie nicht "freiwillig" beibehalten kann, lässt ihr aber die Möglichkeit, die entgegengesetzte Bewegung auszuführen (z. B.: die Orthese für die Lähmung des Nervus radialis positioniert das Handgelenk und die Finger in Streckung, da es einen Verlust der Handgelenkstrecker gibt, die Beugung der Finger bleibt dennoch möglich, die Orthese bringt die Finger dann mit Hilfe von Federn wieder in Streckung)
- Einschränkung: entweder der Beweglichkeit, um eine Überbeweglichkeit zu verhindern (z. B. Überstreckung eines Fingerglieds), oder der Ebene, um die Achsen des Gelenks zu begrenzen und eine anormale Beweglichkeit zu verhindern
- Kompression: Verhindert die Verdickung von Narben und zwingt die Fibroblasten zur Neuausrichtung
- Funktional: blockiert das proximale Gelenk, um die Mobilisierung des distalen Gelenks zu ermöglichen
Orthesen können zylindrisch, dorsal, palmar, lateral oder mit Hebelwirkung sein. Außer bei Gipsverbänden sind sie in der Regel so konzipiert, dass sie abnehmbar und verstellbar sind.
Erklärung
Eine Orthese kann statisch oder stabilisierend sein, indem sie z. B. ein Handgelenk fixiert, um die Bewegung der Finger zu ermöglichen. Sie kann auch gelenkig sein, um eine fehlende oder defizitäre Bewegung zu ersetzen (wie die sogenannte "Spinnenorthese", um die Streckung gelähmter Finger zu ersetzen). Die Orthese ermöglicht es, einen therapeutischen Effekt durch eine mechanische Wirkungsweise zu erzielen. So kann eine Knieorthese nur eine einzige mögliche Bewegung des Schienbeins (Flexion-Extension) ermöglichen.
Schienen sind Hilfsmittel, die einen Teil einer Gliedmaße halten oder stützen sollen. Eine Schiene ist im Allgemeinen nicht kreisförmig (rund um die Gliedmaße) im Gegensatz zu einem Gipsverband, der kreisförmig ist. Gipsbinden werden heute oft durch Harzbinden, die mit der Luftfeuchtigkeit aushärten, oder durch wärmeverformbare Kunststoffe ersetzt.
Die Orthese ist ein mechanisches Hilfsmittel, das häufig von einem Orthopädietechniker, Ergotherapeuten (hauptsächlich für die oberen Gliedmaßen in Rehabilitationszentren) oder Fußpfleger nach Maß entworfen und gebaut wird, eine individuelle anatomische Form hat und darauf abzielt, eine Kraft auszuüben, die schädlichen oder unerwünschten Kräften entgegenwirkt.
Es gibt auch viele "fertige" Orthesenmodelle (Beispiel: End-Osgood-Orthese), die in Apotheken erhältlich sind und durch abnehmbare Gurte und Streben angepasst werden können und in verschiedenen Größen erhältlich sind. In der Regel muss für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ein spezieller, begründeter Antrag gestellt werden (z. B. Gliedmaßen mit außergewöhnlichen Abmessungen oder eine Fehlbildung) und eine ärztliche Verordnung vorliegen, in der die Notwendigkeit der Orthese dargelegt wird.
Klassifizierung
Orthesen werden nach dem internationalen Klassifikationssystem (ICS) in 4 Körperbereiche eingeteilt: Orthesen der unteren Extremitäten, der oberen Extremitäten, für den Rumpf und für den Kopf.
Orthesen werden auch nach ihrer Funktion eingeteilt: Lähmungsorthesen, Entlastungsorthesen sowie Bandagen für leichte Indikationen.
Nach der internationalen Standardterminologie werden Orthesen durch ein Akronym klassifiziert, das die anatomischen Gelenke beschreibt, die sie unterstützen. Einige Beispiele sind: KAFO oder Knie-Knöchel-Fuß-Orthesen, die Knie, Knöchel und Fuß umfassen; TLSO oder thorako-lumbo-sakrale Orthesen, die die Brust-, Lenden- und Kreuzbeinregion der Wirbelsäule unterstützen. Die Verwendung der internationalen Norm wird befürwortet, um die weit verbreiteten Unterschiede bei der Beschreibung von Orthesen zu verringern, die oft ein Hindernis für die Interpretation von Forschungsstudien darstellen.
Der Übergang von einer Orthese zu einer Prothese kann fließend sein. Ein Beispiel hierfür ist der Ausgleich eines Beinlängenunterschieds, der dem Ersatz eines fehlenden Gliedes gleichkommt. Ein weiteres Beispiel ist der Ersatz des Vorfußes nach einer Amputation. Diese Behandlung besteht häufig aus einer Kombination aus einer Prothese zum Ersatz des Vorfußes und einer Orthese zum Ersatz der verlorenen Muskelfunktion (Orthoprothese).